Palmsonntag
Der Palmsonntag (lateinisch Dominica in Palmis de passione Domini für die römisch-katholische Kirche; Palmarum für die evangelische Kirche) ist der sechste und letzte Sonntag der Fastenzeit und der Sonntag vor Ostern. Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche, die in der evangelisch-lutherischen Kirche auch Stille Woche genannt wird. Die Große Woche bzw. Heilige Woche der katholischen und der orthodoxen Tradition umfasst darüber hinaus auch Ostern.
Datum
Der Palmsonntag liegt sieben Tage vor Ostersonntag und 39 Tage nach Aschermittwoch. Weil sich der Palmsonntag nach Ostern und Ostern nach dem Vollmond richtet, ist das frühestmögliche Datum für den Palmsonntag der 15. März, das spätestmögliche der 18. April.
Am Palmsonntag wird des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem gedacht. Zum Zeichen seines Königtums jubelte das Volk ihm zu und streute dem nach Jerusalem Kommenden Palmzweige (Joh 12,13–15 EU, Mt 21,1–11 EU, Mk 11,1–11 EU). Palmen wurden vielerorten als heilige Bäume verehrt, waren etwa in Delos dem Apollon heilig. Im Mittelmeerraum galten sie von alters her als Sinnbild des Lebens und des Sieges, in Israel insbesondere auch das Symbol für die Unabhängigkeit und den siegreichen König (1 Makk 13,51 EU; 2 Makk 14,4 EU). Der Esel wiederum war nach Sach 9,9 EU ein Sinnbild des gewaltlosen Friedenskönigs und der Bescheidenheit. Joseph Ratzinger deutete den Einzug Jesu auf dem Reittier der Armen als Gegenbild zu den Kriegswagen, die er abschafft: Jesus ist „ein armer König, einer, der nicht durch politische und militärische Macht herrscht. Sein innerstes Wesen ist Demut, Sanftmut Gott und den Menschen gegenüber“. Als „Friedenskönig“ steht er im Gegensatz zu den Königen der Welt.
Der Ursprung der christlichen Palmsonntagsfeier geht wohl auf die Liturgie von Jerusalem zurück, wo man die einzelnen Ereignisse des Leidensweges Jesu in eigenen Feiern und Riten nachbildete. In der lateinischen Kirche war die liturgische Feier von Palmweihe und Palmprozession am Palmsonntag seit der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts allgemein üblich.
Kirchliche Tradition
Die Palmweihe gehörte früher, bevor sie in vielen Gegenden auf den Palmsonntag verlegt wurde, zu den heidnischen Ostergebräuchen. Die geweihten Zweige sollten nicht nur das Haus bis zur nächsten Erneuerung vor Blitz und Feuersgefahr schützen, sondern sie wurden auch mit den Schalen der Ostereier und den Kohlen der Osterfeuer in den Ecken der Felder eingesteckt oder vergraben, um diese fruchtbar zu machen
Römisch-katholische Kirche
An diesem Sonntag wird in der Liturgie am ersten Tag der Heiligen Woche
mit Palmweihe und -prozession das Gedächtnis des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem gefeiert, als Christus auf einem Esel in Jerusalem einzog und ihm mit Palmwedeln und dem Ruf „Hosanna dem Sohne Davids!“ als Messias gehuldigt wurde;
das Evangelium von der Passion Christi entsprechend der Leseordnung aus einem der synoptischen Evangelien gelesen.
Lesejahr A: Matthäus-Passion
Lesejahr B: Markus-Passion
Lesejahr C: Lukas-Passion
Die heutige liturgische Bezeichnung Dominica in palmis de Passione Domini, übersetzt „Palm- und Passionssonntag“, geht auf das Sakramentar von Papst Gelasius I. (Gelasianum vetus) aus dem 5. Jahrhundert zurück und gilt in dieser Fassung seit 2002.[4] Die Lesung der Passion entspricht altrömischer Liturgietradition, die Prozession ist aus dem altgallischen und ostkirchlichen Brauchtum übernommen.
Die liturgische Farbe des Palmsonntags ist im römischen Ritus in der ordentlichen Form rot als Farbe des Blutes und des Leidens. In der außerordentlichen Form des römischen Ritus ist die liturgische Farbe der Palmprozession bis nach dem Tagesgebet rot, zur Lesung der Passion wechselt der Priester die Gewänder und trägt violett als Farbe der Buße. Der Gottesdienst beginnt mit der Palmweihe, die in der Regel an einem Ort außerhalb der Kirche stattfindet. Der Zelebrant segnet die Palmgebinde durch Weihegebet und Besprengung mit Weihwasser. Die Liturgie sieht die Übergabe der gesegneten Palmzweige an die Gläubigen vor, die diesen kniend und mit einem Kuss entgegennehmen. Nach dem Vortrag des Evangeliums und der Homilie ziehen alle mit Palmzweigen in den Händen zur Kirche. Vielerorts ist es üblich, das Prozessionskreuz an der Spitze der Palmprozession mit Palmzweigen oder einer roten Stola zu schmücken.
Während der Prozession wird der uralte Prozessionshymnus Gloria, laus et honor als Wechselgesang gesungen. Die Gemeinde antwortet dabei auf die Strophen der Vorsänger mit der Antiphon:
„Gloria, laus et honor tibi sit, Rex Christe, Redemptor,
cui puerile decus prompsit Hosanna pium.“
„Ruhm und Preis und Ehre sei Dir, Erlöser und König.
Jubelnd rief einst das Volk sein Hosianna Dir zu.“
Bei der Lesung der Passion kommen weder Weihrauch noch Leuchter zum Einsatz. Die Passion wird von mehreren vorgetragen, wobei einer die Worte Jesu spricht, einer die des Evangelisten und der dritte die Worte aller sonstigen Personen. Während die überlieferten Worte Jesu traditionell von einem Diakon oder Priester vorgetragen werden, können die Worte des Evangelisten und der sonstigen Personen auch von einem Laien vorgetragen werden. An der Stelle der Lesung, die vom Augenblick des Todes berichtet, knien alle nieder und verharren eine Zeit lang in Schweigen und Gebet.
Bekannte Palmsonntagslieder sind Singt dem König Freudenpsalmen (Gotteslob Nr. 280) und der Hymnus Des Königs Fahne schwebt empor (Vexilla regis, GL 299). Das mittlerweile eher als Adventslied bekannte Tochter Zion, freue dich (Gotteslob Nr. 228) wurde 1826 zuerst als Lied „am Palmsonntage“ veröffentlicht.
Evangelische Kirchen
Die evangelische Perikopenordnung sieht als Evangelium die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem (Johannes 12,12–19 LUT) vor, während die Leidensgeschichte nur dem Karfreitag zugeordnet ist. Die Erniedrigung Jesu für die Menschen kommt in der Sonntagsepistel Phil 2,5–11 LUT zur Sprache.
Die liturgische Farbe des Sonntages Palmarum ist violett. In der Liturgie entfallen an diesem Sonntag Gloria Patri, Gloria und Halleluja.
Weitere Gemeinschaften
In der Neuapostolischen Kirche fand am Palmsonntag bis 2011 traditionell die Konfirmation statt. Ab 2012 finden Konfirmationen in der Neuapostolischen Kirche an einem Sonntag zwischen Ostern und Pfingsten statt. Diese Regelung wurde getroffen, um den Palmsonntag im Kirchenjahr aufzuwerten.
Kunst
Die Darstellung des Einzugs in Jerusalem hat bereits eine frühchristliche Tradition. Dabei wird der Einzug in Jerusalem nach dem Vorbilde des Einzugs (Adventus) eines siegreichen römischen Kaisers gestaltet, häufig zugleich als Einzug in das himmlische Jerusalem, als Triumphzug über Sünde und Tod – zum Beispiel am Sarkophag des Stadtpräfekten Junius Bassus (359, Rom, Grotten von St. Peter).
In byzantinischen Darstellungen reitet Jesus – der orientalischen Sitte entsprechend – seitlich auf dem Esel sitzend. Jesus reitet, von den Jüngern begleitet, die zu Fuß gehen, auf das Stadttor von Jerusalem zu. Auf abendländischen Darstellungen dagegen sitzt Jesus rittlings. Manchmal folgt der Eselin das Füllen. In mittelalterlichen Darstellungen wird eine große Volksmenge dargestellt, an die Stelle der Palmwedel treten Zweige aus Weidenkätzchen, die man deswegen auch als Palmkätzchen bezeichnet. Die frühesten erhaltenen, aus Holz geschnitzten Bildwerke sind um 1300 entstanden, die meisten stammen aus dem 15. Jahrhundert. Sie zeigen in der Regel Christus auf dem Esel reitend, die Rechte zum Segen erhoben – zum Beispiel bei Meister Bertram (Ende 14. Jahrhundert).
Brauchtum
Palmprozession
Bereits seit dem 4., 6. bzw. 8. Jahrhundert ist der Brauch der Prozession am Palmsonntag bekannt. Am Palmsonntag werden in der Palmweihe Palmbuschen, Palmstöcke, auch echte Palmwedel, Ölzweige, Palmkätzchen oder Buchsbaumbüschel, zuvor mit Weihwasser gesegnet, in der kirchlichen Prozession als „Zeichen des Lebens und des Sieges“ mitgetragen, und anschließend in den Wohnungen hinter das Kruzifix gesteckt. In Norddeutschland werden gesegnete Palmstöcke von den Kindern zu ihren Paten und Großeltern gebracht. Dafür bekommen sie meistens eine Kleinigkeit oder etwas Süßes geschenkt.
Im Mittelalter – die früheste Erwähnung stammt aus dem 10. Jahrhundert – und besonders im Barock wurde bei Palmprozessionen oft ein Esel (später aus Holz) mit Christusfigur mitgeführt, ein sogenannter „Palmesel“. Dieser Brauch wird in einigen Pfarreien mittlerweile wieder gepflegt, etwa in Mittelfranken (Hilpoltstein, Jahrsdorf) und Oberbayern (München-Bogenhausen und Kolbermoor, Pfarrei Wiederkunft Christi). In Thomatal im Lungau führte der Pfarrer Valentin Pfeifenberger auf einem Esel reitend alljährlich die Palmprozession an. In Tirol findet in der Ortschaft Thaur als einziger Gemeinde Tirols noch eine Palmprozession statt, in der eine Christusfigur auf einem Holzesel durchs Dorf gezogen wird. In Möttlingen bei Calw findet jährlich der Calwer Palmritt statt, eine von Eseln angeführte Reiterprozession, die mit einem evangelischen Gottesdienst im Freien abschließt. Im nordhessischen Fritzlar findet am Palmsonntag eine feierliche Prozession zum Dom statt. Dort wird im Anschluss ein Hochamt mit den Chorherren der Prämonstratenser gefeiert. Die Heiligenstädter Palmsonntagsprozession ist ein seit dem 16. Jahrhundert bestehender Brauch, bei der lebensgroße Passionsfiguren durch die Altstadt getragen werden. In sechs Bildern wird die Leidensgeschichte Jesu dargestellt. Im Jahre 1734 wurde sie vom Karfreitag auf den Palmsonntag vorverlegt.
Eine besondere Prozession findet in Jerusalem statt. Tausende schließen sich mit Palmen und Instrumenten den Franziskanern an, und pilgern vom Ölberg durch das Löwentor in die Altstadt von Jerusalem. In der St. Anna-Kirche wird dann traditionell der Segen gespendet.
Palmbuschen, Palmbesen, Palmstange, Palmstock
Ein Palmbuschen ist ein Gebinde aus (traditionellerweise) sieben Naturmaterialien:
„Palmkätzchen“, auch „Weidenkätzchen“, die graugrünen, walzenförmigen Blütenstände der männlichen Sal-Weide
Buchsbaum
Wacholder (Kranewitt)
Stechpalme (Schredler)
Eibe
Zeder
Sadebaum (Segenbaum, Sebenstrauch)
Zusammengebunden werden die Buschen mit Sal-Weide (Feberergerten) und auf lange Haselnussäste oder Stangen (bis 10 m Länge) gesteckt. Oft werden die Palmbuschen mit Äpfeln, Orangen, Bändern, Hobelscharten, Brezeln, ausgeblasenen und gefärbten Eiern und mehr geschmückt.
Der Palmstock ist ein geschnitzter und verzierter Weidenstock, den Kinder am Palmsonntag ihren Taufpaten bringen, nachdem er in der Kirche gesegnet wurde.
Die Ausführung des Palmstockes ist regional sehr unterschiedlich. Er kann aus einem kleinen Kreuz bestehen, das mit Weidenspänen geflochten wird und an den drei oberen Enden kleine Büschel aus Buchsbaum trägt. Es kann aber auch ein 50–60 cm langer Stock mit einem oder mehreren Krüseln sein. Krüsel sind kleine Büschel aus geschnitzten Spänen, die sich durch eine spezielle Schnitztechnik spiralförmig aufdrehen. Sie werden am Stock geschnitzt, also nicht abgeschnitten. An den Stock werden mit bunten Schleifen einige Äpfel oder Orangen gebunden, und die Spitze ziert natürlich der geweihte Buchsbaum. Zwischen die Palmzweige wird manchmal ein Palmvogel gesteckt, ein als Vogel geformtes Stück Weißbrot. Kinder, die einen Palmstock bringen, bekommen in der Regel dann von ihren Paten ein Geschenk, meist aus Süßigkeiten und ein bisschen Geld bestehend. Eine besonders große und farbenfrohe Variante dieses Brauchtums bilden die heute vor allem in Polen und Süddeutschland verbreiteten Osterpalmen.
In Bozen und anderen Städten Südtirols werden auch Olivenzweige verwendet, die in weiten Teilen Italiens und im Mittelmeerraum weit verbreitet sind (manchmal nebeneinander oder ersetzt durch Lorbeerzweige).
Kreuzschmuck
Am Palmsonntag wird das Vortragekreuz mit grünen und blühenden Zweigen, in der Liturgie auch mit einer roten Stola geschmückt. Daheim werden die bei der Palmweihe gesegneten Zweige als österliches Zeichen hinter die Wandkreuze gesteckt.
Palmesel und Palmhase
Das Familienmitglied, das am Palmsonntag als letztes morgens aufsteht, wird in vielen Gegenden als „Palmesel“ bezeichnet.
Im Hessischen Ried, in Rheinhessen und im Odenwald ist es Brauch, dass an Palmsonntag der sogenannte Palmhase kommt. Er bringt meist ein bis zwei gekochte braune Eier und eine kleine Nascherei, immer häufiger auch kleine Geldgeschenke. Er ist ein kleiner Vorgeschmack auf den Osterhasen.